Künzelsau – Würth Open Air
Über leere, sommerliche FIFA – WM – Autobahnen nach Künzelsau, wo wir nach 2000 heute zum zweiten Mal auf dem Würth Firmengelände spielen werden. Damals war die Pole-Position allerdings leider an die netten Kollegen von „Toto“ vergeben, heute – was sich im Verlauf des Abends allerdings noch als Nachteil erweisen wird – spielen wir als Top Act. Nach dem uninspirierten Spiel England:Ecuador entern zunächst einmal die „Leningrad Cowboys“ die Bühne. Selten so gelacht, ein umwerfend komischer Act, sogar musikalisch nicht von schlechten Eltern. Obwohl diese zwölf Finnen ( plus zwei GoGo-Girls !!) ausschließlich Coverversionen spielen, klingt alles wie aus einem Guss, egal ob sie den Goldfinger-Soundtrack verhohnepiepeln oder sich Lou Reed`s Heroin-Schnulze „Perfect Day“ annehmen. Was für ein Outfit! Bei einem der Musikanten wächst die überdimensionale Rock`n Roll Tolle sogar durch einen Leopardefellhut und mit diesen fast meterlangen Beatlesstiefeln käme ich maximal drei Schritte weit, ohne mir sämtliche Knochen zu brechen. Sichtlich hingerissen sind die Jungs dann bei der gemeinsamen Huldigung vor unserem Auftritt angesichts unseres Altars. Meine Bitte, doch einen möglichst kleinen, Leningrad-Cowboys repräsentierenden Gegenstand zum Altar beizusteuern, bescheidet der Sänger mit der nicht ganz jugendfreien Antwort : „Why don`t you take our bassplayer`s dick!?“
Alles wunderbar, doch dann nimmt das Schicksal wieder mal seinen Lauf: Intro, „Wahnsinn“ und mitten in „Waschsalon“ wird jedem klar, dass die Unwetterwarnungen auch für Künzelsau gegolten haben. Der Himmel verfinstert sich, Sturmböen biegen die Bäume, die Bühnenverkleidungen blähen sich auf wie Michelin-Männchen und auf ein verabredetes Zeichen kommt die SWR-Moderatorin auf die Bühne und unterrichtet das Publikum professionell, mit ruhiger Stimme über den weiteren Verlauf des Abends. Man hat aus Mendig gelernt, die Leute verziehen sich ohne Panik in ihre Autos und unsere Crew schafft es sogar noch rechtzeitig, die Gitarren einzupacken und sämtliche empfindlichen Anlagenteile mit Planen abzudecken, bevor sintflutartige Wassermassen zu einem Sturm der Windstärke 7 vom Himmel stürzen. Wir harren in der Zwischenzeit anderthalb Stunden in einer Werkshalle aus, feiern den 44sten Geburtstag des Cowboy-Sängers und begeben uns dann nach 23 Uhr mit den Umständen entsprechend eingedampfter Setliste wieder auf die Bühne. Wirklich erstaunlich, wieviele Leute durchgehalten haben. Wir nehmen den verlorenen Faden sinnigerweise mit „Hurricane“ wieder auf und erleben tatsächlich noch eine unvergessbare Nacht, die erst kurz vor 1 Uhr morgens mit „ Maat et joot „ endet. Wirklich endet ? Noch nicht ganz, denn das von mir zum Abschluss verkündete Endergebnis des Spiels Portugal gegen Holland besingen danach noch ungezählte Kehlen ausführlich mit der schadenfrohen Hymne „Ohne Holland fahr`n wir nach Berlin….“