Chalten / Fitz-Roy-Inn
Dieser Ort hier ist noch sehr jung, er wurde erst Mitte der Achtziger Jahre als Ausgangspunkt für Outdoor-Freaks gegründet und besteht nahezu ausschließlich aus Hotels, Hostels, Equipmentläden und Speiselokalen.
Die Straßen sind noch ungeteert, was bei diesem unentwegt wehenden Wind eine äußerst staubige Angelegenheit ist. Für eine Nacht beziehen wir Zimmer in einer Art Motel, dem Fitz Roy-Inn, um uns am nächsten Vormittag zu Fuß, in aller Ruhe und mit minimaler Ausrüstung für zwei Tage zum Camp Agostino am Ausfluss des Gletschersees aufzumachen. Bei phantastischen Wetter erreichen wir unser Ziel nach ca. vier Stunden, bauen unser Zelt auf und genießen die Aussicht mit ein paar Kilo weniger auf dem Rücken.
Wenn man bis hierher noch nicht begriffen haben sollte, was eine Endmoräne ist, so spätestens jetzt. Unglaublich, was so ein Gletscher in all den Jahrmillionen so unter und vor sich herschiebt. In Campo Agostino haben sich hauptsächlich Kletterer eingerichtet, die von hier aus in die Wände steigen. Absoluter Minimalismus ist angesagt – Manfred kocht Kaffee und ein ab jetzt wohl nach ihm zu benennende Art Spargel-Nudelsuppen-Mahlzeit auf einem winzigen Benzinkocher – denn offenes Feuer ist wegen der Waldbrandgefahr untersagt.
Schade, dass ich die Gitarre im Fitz Roy zurückgelassen habe, aber ihr Hertransport hätte wohl eindeutig meine Kapazitäten überschritten. Eigentlich aber auch kein Drama, denn noch vor Eintritt der Dunkelheit nimmt der Wind kräftig an Fahrt auf, die ersten Regentropfen fallen und wir sind froh, uns in unseren Schlafsäcken warm verstaut zu wissen. Erstaunlicherweise reicht mein Schlaf bis 9 Uhr, allerdings regnet es immer noch, nur der Sturm hat aufgehört. Etwas später tut das dann der Regen auch.
Nach einem spartanischen Frühstück im Stehen (Kaffee, Käse, Brot), bauen wir das Zelt ab, packen zusammen und machen uns auf den Rückweg ins Tal, der uns natürlich im Vergleich zum Hinweg wie ein Spaziergang vorkommt. Unten angekommen, beziehen wir wieder unsere Zimmer.
Körperpflege, Stadtbummel, Abendessen, zwei, drei Quilmes-Bierchen und ab ins Bett. Noch ein paar Seiten in Orhan Pamuks „Blick aus meinem Fenster“ gelesen, eine Akkordfolge auf der Gitarre ausprobiert und das Tagwerk ist vollbracht.