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Samstag, 8. Oktober 2011 – Helmbrechts / Bürgersaal

Nach unserer Ankunft im landschaftlich wunderschönen Oberfranken checken wir erstmal in einem Landhotel mit lediglich sechs Zimmern ein, von dem aus man in keiner Himmelsrichtung ein weiteres Gebäude sieht. Total nette Leute, hervorragende Küche, gemütliche Zimmer. Der Bürgersaal im drei Kilometer entfernten Helmbrechts befindet sich im oberen Teil des in Hanglage gebauten Rathauses. Reichlich verwirrende Architektur, die Garderobe ist jedenfalls der bleiverglaste Sitzungssaal, in dem uns vor allem eine historisierende Wandtafel mit Wappen sämtlicher örtlicher Handwerksgattungen viel Freude macht. Vor allem Zünfte, die es im Mittelalter noch nicht wirklich gegeben hat wie „Heizungs- und Sanitärinstallateure“, „Fernsehtechniker“ und „Fotografen“ werden durch sehenswerte Wappen dargestellt. Der Organisator der Kulturfestival-Veranstaltungen erzählt uns auf Nachfrage von der nicht gerade rosigen wirtschaftlichen Situation dieser Gegend. Gab es in früheren Jahrzehnten noch reichlich Arbeitsplätze, vor allem in der Textilindustrie, so sind die inzwischen nahezu restlos in Billiglohnländer abgewandert. Es sieht nicht gut aus für die Menschen hier. Mir als wirtschaftspolitischem Laien ist es schleierhaft, wie das funktionieren soll, wenn hier keiner mehr das Geld verdienen kann, um sich das erlauben zu können, was in Fernost zu Hungerlöhnen hergestellt wurde. Auf lange Sicht werden wir da wohl vor die Pumpe laufen, vor allem, wenn man sich vor Augen führt, dass unsere Gesellschaft immer mehr überaltert, weil sich unter diesen Gegebenheiten kaum noch jemand traut, mehr als ein Kind in die Welt zu setzen.
Aber heute Abend verbringen wir erstmal ein paar schöne Stunden im Bürgersaal miteinander. Merke nach wenigen Sätzen, dass ich heute nicht auf Native Speaker setzen kann. Kölsch ist für die Leute hier so verständlich wie Holländisch. Aber wenn ich das weiß, ist das nie ein Problem. Sie sind sehr aufmerksam, lassen sich auf mich ein, und als ich weit nach 23 Uhr mit „Moment“ als Zugabe durch bin, holen sie sogar noch eine weitere raus. Spiele heute mal zur Abwechslung den „Redemption Song“, weil er erstens die logische Konsequenz aus meiner Anmoderation zu „Moment“ ist, und ich zweitens alle meine Lieder irgendwie als „Erlösungslieder“ empfinde.

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