CH-Laax, Fat Tire Festival
Damit wir möglichst viel Atmosphäre von diesem mittlerweile legendären Schweizer Biker-Festival mitbekommen und am Abend unseres Auftritts nicht von der langen Anfahrt geschwächt in den Seilen hängen, sind wir bereits gestern Abend hier angereist.
Für mich als bekennender Rhein-Fan ist es auch diesmal wieder ein Erlebnis, meinen Fluss weit oberhalb des Bodensees inmitten der Alpen fließen zu sehen. Mittlerweile ist es übrigens 22 Jahre her, dass ich ihm – noch vor der Sandoz-Katastrophe, nach der sich in puncto Wasserqualität dann doch noch einiges getan hat – den Song „Für ’ne Fründ“ geschrieben habe.
Abendessen, noch einen ungeheuer leckeren Grappa an der Hotelbar und frühe Nachtruhe, schließlich haben wir einen langen Tag vor uns. Ab 11:00 wird unser Equipment vom Tieflader in kleinere Transporter umgeladen, da die Straße zum Festivalgelände auf der Alp Plaun nur mit Ach und Krach als einspurig zu bezeichnen.ist. Für einen Sattelschlepper also unbefahrbar. Auch die Damen und Herren Biker dürfen da nur im Konvoi rauf, nachdem über Funk sichergestellt wird, dass kein Gegenverkehr zu erwarten ist.
Da gerade kein shuttle verfügbar ist, nehme ich mit Didi und Anne die Seilbahn – eine gute Wahl, denn diese Anfahrt zu einem Gig werde ich mit Sicherheit nicht vergessen. Allein das Einschweben über all den Zelten (sogar Tipis sind darunter) und Lagerfeuern setzt Maßstäbe.
Leider ist die Großwetterlage nach diesem traumhaften Juli mittlerweile wieder in bescheidenen geworden, so dass wir froh sein können, bei 1600 Metern Auftrittshöhe gerade noch 200 Meter unterhalb der Schneegrenze zu spielen. Tiefschwebende Wolken und Nieselregen trüben die Stimmung, obwohl man sich durch die Bank Mühe gibt, Spaß zu haben.
Die Bühne befindet sich in einem tunnelartigen Großzelt und ein Teil des Publikum kann sich die Bands sogar im halbwegs Trockenen ansehen. Aber die Lagerfeuerromantik leidet letztendlich dann doch. Man hat eine Westernstadt aufgebaut, mit allem was dazu gehört. Irgendwie passt das schon alles sehr gut, man fühlt sich wie in einer Goldgräberstadt. Nur , nur das keiner per Pferd unterwegs ist, sondern mit dem Motorrad.
Die Vermutung liegt nahe, dass der ein oder andere dieser wilden Romantiker ebenso nahtlos vom Indianerspielen zum Bikertum übergewechselt ist – wie ich zum Rock’n’Roll. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie mein Winnetou-Starschnitt dem der Beatles weichen musste.
Jedenfalls ist das Grundgefühl äußerst entspannt. Bei meinem ausgedehnten Bummel über das Gelände werde ich immer wieder in freundschaftliche Gespräche verwickelt und kann mich wirklich nur sehr schwer all den wirklich herzlich gemeinten Einladungen auf einen Drink oder einen Snack erwehren. Schließlich sind wir erst 15 Minuten vor Mitternacht dran und da sollte man mit der Kondition haushalten.
Vor uns spielt Fish, der ehemalige Marillion-Sänger , ein total netter Kerl, der völlig hin und weg von unserem Altar ist, weshalb wir ihn natürlich zur Huldigung einladen. Aus unseren vorgesehenen anderthalb Stunden Spielzeit werden dann doch fast wieder zwei, aber irgendwie muss das sein, schließlich sollen die Leute doch halbwegs glücklich in ihre Schlafsäcke krabbeln.
Es ist drei Uhr morgens, als wir wieder im Hotel in Laax eintreffen, Gottseidank hat die Bar mit dem Jahrhundertgrappa schon geschlossen, so dass einer frühen Heimfahrt am nächsten Morgen (11:00 Uhr ist geplant) nichts im Wege stehen dürfte