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Köln

Hubert von Goisern – Linz-Europa-Tour

Von wegen „…ungefähr morgen Mittag….“. Beim Frühstück an Bord der Brandner IV erfahren wir, dass einer von zwei Motoren dabei ist, den Geist aufzugeben. Wir tuckern seit einiger Zeit schon mit 6 km/h stromaufwärts und die voraussichtliche Ankunftszeit in Köln wird inzwischen frühestens auf 19 Uhr prognostiziert. Sehr angenehm mitzuerleben, wie gelassen diese Neuigkeit allgemein aufgenommen wird. So what? Erst abends erfahre ich, dass Frank und Gerd, bei denen Helmut und Werner mitspielen, aber durch diese Verspätung die einzige Probe gehimmelt wird.

Wir schleichen also gemütlich über die holländisch-deutsche Grenze, vorbei an Emmerich (wo im Herbst 82 der „vun drinne noh drusse“- Tourstart stattfand und der „BAP-Bravo-Skandal“ seinen Höhepunkt erreichte). Je näher wir an Düsseldorf heran kommen, desto mehr überbietet sich die kölsche Fraktion gegenseitig mit diesbezüglichen Schmähungen. Dabei kommt Leverkusen ja erst noch (Marlon Brando habe seinen wichtigsten Satz in „Apocalypse Now“ gesprochen, nachdem er an Leverkusen vorbei gefahren sei: „Ich habe das Grauen gesehen“).

Dann der erhebende Moment nach der letzten Flussbiegung oberhalb des Niehler Hafens: Mülheimer Brücke, das Kölner Stadtpanorama inclusive Dom. Egal, wie groß meine Abneigung gegen jede Form von Köln-Kitsch sein mag – das hat was.

Oliver steht am Kai, um mich abzuholen, ebenso Locke mit einem Kleinlaster mit unserem Minimal-Equipment. Offensichtlich ist in Köln alles ordentlich vorbereitet. Man werkelt bereits fleißig an Bierbuden, Absperrgittern, Delay-Towers, Zäunen und der Stromversorgung. Bin sehr erleichtert, dass wir oberhalb der Südbrücke spielen, also weit genug vom Schickeriahafen weg, der an diesem Wochenende eingeweiht werden soll.

Verbringe die Nacht im eigenen Bett, bin aber schon um 10.30 Uhr wieder an Bord, um Hubert in die Innenstadt zu chauffieren. Unter anderem müssen FC-Stutzen für den Gitarristen und Bassisten seiner Band besorgt werden, die es sich zur Tradition gemacht haben, in Schottenröcken aufzutreten und in jeder Stadt die entsprechenden amtlichen Fußballstutzen zu tragen.

Leicht verspätet fangen wir mit den Soundchecks bzw. Proben an, was dann allerdings problemlos abläuft. Da wir aus Platzgründen nur mit dem allernötigsten Equipment auf die Bühne können, verzichten wir auf unsere gewohnten In-Ear-Monitore, auf ein eigenes Keyboard und ein eigenes Schlagzeug. Ich entscheide mich während des Soundchecks obendrein, heute nur akkustische Gitarre zu spielen, denn das gedankliche Befassen mit Huberts Vox-Verstärker würde mich während der Show zu sehr ablenken.

Pünktlich um 19 Uhr fangen Gerd Köster, Frank Hocker und Band dann an. Sehr schnell wird klar, dass wir einen phantastischen Abend erleben werden. Der Wettergott erweist sich erneut als Kölner, das Publikum nimmt das Dargebotene erfreut und mit offenen Sinnen an. Die Reaktionen auf das natürlich auch für dieses event speziell zusammengestellte Set von Gerd und Frank ermutigen mich, später tatsächlich alleine mit „Sinnflut“ anzufangen, einem Song, der seit ca. dreißig Jahren auf keiner Setliste mehr aufgetaucht ist.

Aber erst dann ist Hubert von Goisern mit Band an der Reihe. Sie kommen bestens an, als wär’s ein Heimspiel. Abgesehen davon, dass ihre Show optimal ausgereift ist, scheint es auch mentalitätsmäßig eine starke Brücke zum Kölner Publikum zu geben. Drei Songs hatten wir unterwegs für diesen Teil des Abends eingeprobt: 1.) Weisste noch?, 2.) Rita, 3.) Heast des net?. Alles läuft wie am Schnürchen, kurzer Umbau und wir sind dran.

„Sinnflut“ funktioniert, es singen sogar eine Menge Leute mit. Passt hervorragend, dieser Text, auch wenn viele der erwähnten Namen, von Gunther Noris bis Franz-Josef Strauß, ja nun wirklich seit geraumer Zeit aus den Schlagzeilen verschwunden sind. Es macht jedenfalls großen Spaß, diesem Song mit der Poller Wiese im Rücken zu spielen:“…op dä Poller Wiss, da sooch et uss wie bei “nem Ausverkauf..“ Es folgt in Bandbesetzung „Met Wolke schwaade“, mit dessen Text ich am 27.November 93 auf der Südbrücke angefangen hatte. Es war Severins zehnter Geburtstag, ich hatte die Fährte für die Schatzsuche auf die andere Rheinseite gelegt und war mir nicht ganz sicher, ob ich die Horde tatsächlich komplett unbeaufsichtigt über die Brücke lassen sollte.

Hubert holen wir zu „Suwiesu“ auf die Bühne, einen meiner Lieblingssongs, den wir viel zu selten spielen. Wenn nicht bei dieser Gelegenheit, wann dann? „Zwesche Rotterdam un Basel, schwerbelade, stromaufwärts un leer retour…“ . Des weiteren teilen wir uns die Strophen von „Songs sinn Dräume“ und „Verdamp lang her“.

Zur finalen Nummer „Für immer jung“ kommen seine Band sowie Frank und Gerd noch dazu und als letztmögliche Zugabe gibt es dann tatsächlich noch „Schluss, Aus, Okay“, womit wir den curfew zwar nicht exakt einhalten, aber die Leute rundherum zufrieden nach Hause entlassen. Just a perfect day.

Natürlich klingt das Ganze danach noch entsprechend beschaulich aus: Backstage bei Vollmond, einigen Gläschen Wein mit Blick auf die Südbrücke und die Poller Wiese. Irgendwie will man ungern voneinander lassen. Der einzige Trost ist, dass wir uns alle im nächsten Sommer beim Linzer Abschlussfestival wiedersehen werden.

Fotos von Wolfgang im Fotoalbum.
Video mit Konzertimpressionen unter www.radio-pandora.de im Blog

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