Köln – Roncalliplatz
Freitag, 10. und Samstag 11. August, Köln, Roncalliplatz
Kurz die Woche seit der Abfahrt aus Lübeck (In Neustadt gab es ja leider kein Hotel, wo Band und Crew gemeinsam reinpassten): Mit der Bundesbahn nach Hamburg in ein Schnittstudio, um Mircos bisheriges Uganda/Ruanda-Material aus dem Off zu kommentieren, danach weiter per ICE über Hannover nach Köln, wo ich eine noch schlafende Familie antreffe.
Dann vormittags zu Stackman ins Studio. Denn es wird allerhöchste Zeit, meine Songs fürs kommende Album mal demomäßig aufzunehmen und die betexteten Demos meiner Mitstreiter provisorisch zu besingen. Trotz der anfänglichen Skepsis, ob das an einem einzigen Tag zu schaffen sei – schließlich handelt es sich um zwanzig Songs – laufe ich noch vor Mitternacht bei meinen erneut schlafenden Damen ein. Der arme Stackman schlägt sich allerdings die komplette Nacht um die Ohren, weil die Aufnahmen ja noch gemischt und geschnitten werden müssen, bevor sie am Wochenende unter den Teilnehmern verteilt werden.
Dienstag und Mittwoch finden noch ein paar Interviews statt und dann ist auch schon Donnerstag Abend. Oliver kommt schon am Vorabend der ersten Dom-Show nach Köln und wir verbringen den Abend stilgerecht mit einem Fläschchen Dom-Wein vor dem Fernseher und ziehen uns zur Wochenendeinstimmung Neil Youngs herzerwärmende neue DVD „Heart of Gold“ rein.
Freitag mittag dann Umzug ins Dom-Hotel. Ab jetzt läuft bis zur ersten Show ein dicht gedrängtes Programm. Zunächst erst mal zurück zum Chlodwigplatz, von wo aus wir unter „Kameraüberwachung“ (Fotografen wie auch TV-Kameras) wieder zum Arbeitsplatz zurück kutschiert werden, natürlich mit „unserer“ Straßenbahn!
Vor einem ausführlichen Soundcheck – schließlich müssen noch diverse Gastauftritte vorbereitet werden – treffen wir im Domhotel zwei Fangruppen. Die eine verblüfft uns mit einem akzentfrei vorgetragenem Ständchen (eigene Version von „Nix wie bessher“). Die andere hat eines der riesigen „Wir rocken den Dom“-Poster organisiert, welches sie, von uns signiert, zugunsten von Gulu auf e-bay versteigern will. Gute Idee!
Natürlich hagelt es allseits Geschenke, ein Zustand, der auch bis spät in die Nacht nicht mehr aufhören wird.
Relativ schwierig wird es nach dem Soundcheck, irgendwo ein ruhiges Plätzchen zu finden, um sich auf die Show konzentrieren zu können. Überall will einer was von mir und unsere Suite ist zu einer Art Schulhof oder Familienfeier mutiert. Von wegen „in Ruhe Sportschau gucken“ und dann auf die Bühne! Auch im „megaclean“ gehaltenen Backstagebereich boxt der Papst. Genau genommen hätte ich mich wegen des Andrangs auch auf der Bühne umziehen können. Ist aber alles nicht so schlimm, schließlich hat man ja dann ab Showbeginn endlich seine Ruhe
Der FC führt knapp in St.Pauli und auch der Wettergott kriegt im letzten Moment die Kurve. Fast optimale Bedingen für einen würdigen Tourabschluss. Es geht ungeheuer ab.
Zu Gast sind heute Prof. Dr. Eigen (siehe Berlin), Joo Kraus (siehe Ulm), Niki Nikitakis, der Kalau und natürlich unsere Anne – die große Entdeckung dieser Tour, die wir auch in Zukunft so oft wie möglich dabei haben werden.
Unfassbar, welche Magie die beiden ineinander gespielten Stücke „Diss Naach“ und „Amerika“ durch Joos Trompete bzw. Flügelhorn bekommen. Auch die Idee, Niki ein Bouzuki-Intro für „Arsch huh“ spielen zu lassen, erweist sich als eine gute. Peter Eigen soliert erneut auf dem für ihn ins Programm zurück geholte „Wie schön dat wöhr“, für das schweren Herzens „Tanger“ weichen musste. Und der gute alte Kalau spielt die Saxophonsolos von „Arsch huh“ und „Jraaduss“. Ein Luxus, den man sich öfter mal leisten sollte.
Nahezu alles klappt wie am Schnürchen. Die einzigen Ausnahmen sind der dämliche Spruch des Ansagers, der mir im Stadion regelmäßig die Fußnägel aufrollt, „Willkommen in der schönsten Stadt Deutschlands“, mein Tiefschlaf im Break von „Waschsalon“ und der erst mit Verzögerung auffindbare Hocker, auf dem Niki – quasi über meinen Boxen vor der riesigen Dompostkarte schwebend – spielen sollte. Was aber alles dem Abend keinerlei Schaden zufügen kann!
Hoch zufrieden, noch auf ein Getränk ins Sion-Zelt und in vernünftiger Form in die Falle.
Auch am Samstag läuft alles nach Wunsch, sogar noch besser! Der Himmel ist exakt so wie auf der Dompostkarte des ersten Albums. Und nach einer so gut gelaufenen ersten Show geht man natürlich völlig entspannt auf die Bühne. Sofort wird uns klar, dass die Leute heute noch eine Spur heißer auf uns sind als gestern – Das hier sind die „Wahnsinnigen“.
Leichte Umstellungen auf der Setliste („Tanger“ wieder rein, weil der Professor nur gestern Zeit hatte, „Wie ne Stein“ für „Helden und „Hungry Heart“ auf die Reservebank). Diesmal ein absolut fehlerfreier Ritt durch drei Jahrzehnte BAP.
Dadurch, dass die Domglocken Samstags länger läuten als sonst, können wir erst später anfangen, so dass wir gegen 23 Uhr leicht ins Gedränge kommen und den „strikten curfew“ notgedrungen um eine Viertelstunde nach hinten verlängern. Die Leute hören einfach nicht auf, nach einer weiteren Zugabe zu schreien. Da kann man sie ja auch „Wellenreiter“ singen lassen!
Die anschließende Nacht ist dann für mich persönlich erst um 4 Uhr früh zu Ende. Wunderbarer Ausklang mit vielen alten Freunden, die ich im Normalbetrieb viel zu selten treffe.
Morgen dann schön auspendeln und Montag Abend in Düsseldorf zu den Stones.
Merkwürdigerweise kommt fast überhaupt keine Trauerstimmung in Sachen Trennungsschmerz auf, was nur daran liegen kann, dass wir ab Oktober schon wieder im Studio sind. Die einzigen, die wir wohl so schnell nicht wiedersehen werden, sind die meisten Damen und Herren von unserer geschätzten Crew. Im Studio werden lediglich Locke und Fisch dabei sein.
Insofern sollten wir dann vielleicht doch nicht allzu lange bis zur nächsten Tournee warten?!