St. Wendel
Donnerstag, 21.Mai – Donnerstag, 28.Mai `09 – Köln / München
Der Vatertag geht erfreulicherweise schmerzfrei an mir vorbei. Die Horde ausflippender Spießbürger-Jungmänner, die gestern Nacht überflüssige Lieder grölend durch die St. Wendeler Altstadt zog, reichte schon.
Freitag zu meinem Papierberg ins Büro, Samstag zum letzten Heimspiel. Unser Freund Matthias Scherz erfährt die Gnade, die zweite Halbzeit gegen Bochum noch einmal eingewechselt zu werden. Ihm zu Ehren ziehe ich noch mal das Auswärtstrikot mit seiner Rückennummer 8 an, das er mir am Tag nach seinem Treffer gegen Oliver Kahn vor drei Jahren in Hamburg geschenkt hatte. Zehn Jahre hat der Kerl jetzt für den FC gespielt, nicht immer unbedingt als Publikumsliebling, aber immer einer, auf den Verlass war. Die heutigen Sprechchöre und Lieder, mit denen er gefeiert wird, hat er sich hundertprozentig verdient.
Komme in den folgenden Tagen erfreulicherweise dazu, zwei Kongo-Bücher auszulesen, die immer wieder wegen irgendwas warten mussten. Erstens Tim Butcher’s „Blood River“, eine Reisereportage auf den Spuren des Entdeckers Henry Morton Stanley und die akribisch recherchierte Studie über die Geschichte der Demokratischen Republik Kongo des taz-Journalisten Dominic Johnson. Sehr interessante Bücher, von denen das erste sogar Lesern zu empfehlen wäre, die nicht unbedingt über großartiges Vorwissen zum Thema „Subsahara – Afrika“ verfügen. Allerdings trägt Johnsons Buch erheblich zu eben diesem Vorwissen bei, falls man sich tiefer greifend mit der Materie befassen will.
Des weiteren diverse Promoaktivitäten in Sachen „Sommernachtstour“ und zwischendurch immer mal wieder ein Blick auf die geplante „Startformation“ unserer Setliste für das Warm Up-Konzert am 12.Juni in Osnabrück. Abgesehen davon, dass wir es tatsächlich mal mit „Novembermorje“ unmittelbar nach „Bahnhofskino“ probieren wollen, bin ich letztens in Prien bei den Proben mit Werner Schmidbauer auf die Idee gekommen, dass „Deshalv spill’ mer he“ auch von einer Reise erzählt, auch wenn der Song gleichzeitig der Grund dafür war, dass sie schließlich ausfiel. Werner Schmidbauer war damals jedenfalls der Moderator der „Live aus dem Alabama“-Sendung, in der wir am Abend nach dem Debakel völlig übernächtigt Rede und Antwort zu dem Thema gestanden haben. Erinnere mich noch gut, wie ein Haufen strammer Sozialisten aus der DKP versuchte, uns die Tourabsage als von vorne herein geplanten Promostunt unterzujubeln. Nach einigem Zögern wechsele ich den Skandalsong mal wenigstens vorläufig gegen „Ne schöne Jrooß“ ein, das wir nun wirklich oft genug gespielt haben. Mal sehen, wie er sich macht! Seit der „Salzjebäck un Bier“-Tour, also seit einem Vierteljahrhundert, haben wir ihn nicht mehr gespielt, aber da sich ja dieses Jahr auch der Mauerfall zum zwanzigsten Mal jährt, könnte er tatsächlich noch mal Sinn machen. Ein Test, aber für so was sind Warm up-Konzerte ja schließlich da und außerdem: Wer weiß? Vielleicht hat er ja sogar ein paar Leuten hinter dem Eisernen Vorhang Mut gemacht, ihr Schicksal nicht einfach hinzunehmen.
Donnerstagmorgen fliege ich nach München, wo ab 11 Uhr auf dem Olympiagelände die offizielle Pressekonferenz bezüglich des diesjährigen „Tollwood“-Festivals stattfindet. An Musikanten sind außer mir noch die beiden Frontmänner von Bosshoss zugegen und der junge Erfurter Kollege Clueso, auf den ich große Stücke halte. Wirklich ein Ausnahmetalent, der Kerl. Sollten unbedingt mal was zusammen machen.