Köln – Kölnarena
Die Crew ist schon am Vorabend in der Stadt, weil die Aufbauarbeiten in „Deutschlands größter Halle“ entsprechend umfangreicher als gewohnt sind. Abgesehen davon musste Licht und PA neu zusammengestellt werden; die Miete für die dreiwöchige Spielpause hätte uns sonst die Haare vom Kopf gefressen.
Merkwürdiges Weihnachtsfest, bin zugegebenermaßen nicht richtig bei der Sache. Die Gedanken fliegen die ganze Zeit über immer wieder zu diesem X-Mas-Konzert, zu unserem Heimspiel, bevor es dann bis Mitte März erneut in Spielpause geht. Bin mir nicht sicher, ob ich das alles noch mal so planen würde, aber jetzt ist es nun mal so und uns bleibt nichts anderes übrig, als uns an den positiven Seiten dieses Konzepts zu erfreuen. 1.) Wir gehen mega-erholt in diese Show, 2.) Wir haben etwas, wo wir uns im Frühjahr drauf freuen können und 3.) Die Sommer-Open-Airs folgen dann auch schon ziemlich nahtlos.
Habe die Setliste leicht modifiziert, vor allem zwei Köln-Songs eingefügt, die wir im Verlauf der Pandora-Tour noch gar nicht gespielt haben („Für ne Moment“ und „Arsch huh“). Vor allem habe ich der Versuchung widerstanden, irgendwelche Weihnachtsmätzchen wie aufblasbare Christbäume, Nikolausmützen, Stille Nacht-singende Polizeichöre oder unsere Pogues-Nummer einzubauen. Hatte das dringende Gefühl, dass so was mit der tatsächlichen und ungekünstelten Besinnlichkeit von „Noh Gulu“ und „Wie ne blaue Ballon“ nicht zusammenpassen würde. Außerdem hatten wir von vorne herein gesagt, dieses X-Mas-Konzert sei vor allem für die, denen spätestens am zweiten Weihnachtstag die Bratensoße bis zu den Augenbrauen stehe.
Bin bei meiner Ankunft in der Halle erfreut, die ganze Entourage zu treffen. Anne, die nach der Show mit Freund Ole und Sohn Jacob bei uns zuhause übernachten wird, und Rhani sind erfreulicherweise heute mit von der Partie. Auch Jo Steinebach haben wir eingeladen, der auf dem Pandora Album bei drei Songs Pedal-Steel gespielt hat. Mit ihm hatte ich zuletzt in Mosambik vor zwanzig Jahren auf der Bühne gestanden – als ich während des damaligen Bürgerkrieges mit den Complizen und der Ina-Deter-Band in Maputo speilte.
Die Größe der Kölner Arena schreckt mich mittlerweile überhaupt nicht mehr. Allein diese Unzahl von „Lanxess-Arena“-Bannern geht mir extrem auf die Eier. Damit auch der letzte Depp kapiert, dass die Halle jetzt von einer Unterfirma des Bayer Konzerns gesponsert wird, hat man alle paar Meter diese penetranten Lappen aufgehangen. Bin gespannt an welcher Stelle des Programms mir diesbezüglich endgültig der Kragen platzen wird. (Soweit ich mich erinnern kann, geschieht dies dann erst bei meiner Anmoderation zu „Millione Meile“, der drittletzten Nummer, dafür aber umso heftiger.)
Wenn ich mir heute, also einen Tag danach, nach einem langen Rheinspaziergang mit Oliver und unserem Hund Fussel überlege, worin der Unterschied zwischen diesem und unseren bisherigen Kölnarena-Shows lag, dann bin ich doch ein wenig stolz auf das, was wir innerhalb dieser 10 Jahre mit der neuen Besetzung geschafft haben: Wir haben uns tatsächlich runderneuert.
Mit Ach und Krach gerade mal ein Drittel der bei dieser Tour gespielten Songs sind musikalisch noch aus Major’s Zeit, etliche neue Stücke – von „Morje fröh doheim“ bis „Rita“ – haben wir etablieren können und viele der Lieder, die kaum im Radio gelaufen sind – wie „Tanger“ und „Unger Krahnebäume“ – sind inzwischen trotzdem zu Klassikern geworden. Vom Radio-Pandora-Album, soviel steht bereits jetzt fest, werden mir in der Zukunft ungleich mehr Songs die Auswahl beim Zusammenstellen der Setliste erschweren. Schönes Problem.
Nach der völlig mühelosen Show naturgemäß dann noch tausend Bekannte, schließlich war das hier für die nächste Zeit unser vorläufig letztes Heimspiel. Was wir im Sommer in Köln anstellen ist noch unklar. Das einzige, was wir wissen und nicht gerade toll finden, ist die Tatsache, dass die Domplatte wegen irgendwelchen Bauarbeiten im Sommer 2009 nicht bespielt werden darf.
Die einzigen Aufgabe, die ich am Sonntag morgen mit ins Wallis nehme, sind
1.) meinen Beitrag für Peter Rüchels Rockpalast-Buch zu Papier bringen und –
– da das bisherige Radio-Pandora Plugged-Set zu Beginn der Frühjahrstour als Dreifach-CD auf dem Markt kommen soll, so dass wesentliche Eckpunkte des Programms dann keine Überraschung mehr bieten können- 2) mir diesbezüglich etwas Neues einfallen zu lassen. Ebenfalls ein reizvolle Aufgabe, zumal dann einige Songs im Rotationsprinzip ein neue Chance bekommen.