Freitag, 27.Mai 2011 – Köln, Roncalliplatz
Der Wecker klingelt um 5.30 Uhr, damit wir pünktlich beim „Morgenmagazin“ eintreffen, wo wir heute das nachholen, was am 14.März zur Veröffentlichung unserer Vorab-Single aus Pietätsgründen ausgefallen war. „ … da’s nix, wo die Welt vun ungerjeht. Alles halv su wild …“ konnte man am Tag nach Fukushima nun wirklich nicht zwischen all den Katastrophenmeldungen bringen. Letztendlich wurde unsere Single durch den japanischen Tsunami und die nukleare Kernschmelze auf ganzer Linie zum Rohrkrepierer. Da mussten wir uns so schnell wie möglich mit abfinden, denn wir wissen ja, dass eine Albumband wie BAP, wenn’s hochkommt, mit einer 100-prozentig radiotauglichen Single maximal eine Chance auf ordentliches Airplay bekommt. „Halv su wild“, da sind wir uns einig, wäre diese Nummer unter regulären Voraussetzungen gewesen. Seit „Aff un zo“ sind wir uns nicht mehr so sicher gewesen. Dumm gelaufen! Ab 16.00 Uhr dann Soundcheck mit BAP und der WDR BigBand auf dem Roncalliplatz. Frage mich unmittelbar, welcher Amateur bloß die Orchesterpodeste dermaßen weit vorne aufgebaut hat. Hinten ist endlos viel Platz, und vorne droht die Gefahr, bei einer falschen Bewegung von der Bühnen zu fallen. Dadurch, dass unmittelbar links neben mir Mike dirigiert und rechts von mir Helmut und Anne auf Hockern sitzen, bleibt mir ein Bewegungsradius von maximal einem Meter (!!). Dass man mir dafür ein 15 Meter (!!!) langes Gitarrenkabel bereitgelegt hat, kommt mir halbwegs zynisch vor. Pannen, beispielsweise gerissene Gitarrensaiten, dürfen heute einfach nicht passieren, weil absolut keine Lücke vorhanden ist, durch die ein Roadie zu mir durchkäme. Zu allem Übel stelle ich später bei der dritten Nummer fest, dass vergessen wurde die Plexihaube vom Teleprompter zu nehmen, die man während eines kurzen Platzregens vor der Show drübergestülpt hatte. Es dauert eine halbe Ewigkeit, bis sich Holger zur Behebung dieses Missstandes am Abgrund entlang, über Monitorboxen und durch Mikophonständer-Slalomstangen zum Ort des Geschehens durchbalanciert hat. Was die Dramaturgie des Abends betrifft bin ich nicht zu 100 Prozent zufrieden, dafür herrscht einfach zu viel Chaos auf der Bühne, was sich dann irgendwann dermaßen verselbstständigte, dass Mike nach der letzten Nummer des Hauptprogramms, dem gefühlten Show-Höhepunkt „Arsch huh“, das nächste Stück anzählt und uns so die Verschnauf- und Beratungspause an der dramaturgisch sinnvollen Stelle vermasselt. Ansonsten war das natürlich ein sensationell energiegeladener Abend, ein unvergessliches Erlebnis vor einer Wahnsinnskulisse, auch wenn es unendlich nervt, wegen irgendeines korinthenkackenden Spielverderbers ständig auf die Uhr schauen zu müssen, um nur ja nicht die 22.00 Uhr-Grenze zu überschreiten. Die Aftershow-Party muss ich mir aus Vernunftsgründen abschminken, denn das morgige reine BAP-Konzert erfordert meine vollständige Konzentration.