Rebound
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Chalten / Fitz-Roy-Inn

Vorgestern trotz ausgefallenem offiziellen Weckruf, nach einer ob des frühen Abflugtermins unruhigen Nacht (Die innere Uhr hat ganz einfach den Job übernommen, indem sie sich ab 3 Uhr morgens mindestens einmal pro Stunde meldete.), pünktliches Erscheinen der Herren Hell und N. auf dem internationalen Flughafen von B.A. mit anschließendem fünfstündigem Abhängen dort selbst. Technische Probleme, Frühstücks-Gutschein, Lunch-Gutschein und gegen 14 Uhr schließlich Abflug nach Calafate, einem der letzten Flughäfen im Süden Argentiniens.
Genau genommen ist das Timing für mich persönlich optimal, eine Stunde vor der Landung bin ich mit Bruce Chatwins Reisebericht durch. Patagonien kann losgehen. Allerdings so richtig dann doch nicht, denn das für mittags bestellte Auto kriegen wir aus irgendeinem Grund erst abends, womit klar ist, dass wir die Nacht noch in der Touristenhochburg Calafate verbringen müssen. Nix schlimmes, allerdings bekomme ich so langsam das Gefühl, altersmilde zu werden. Noch vor ein paar Jahren hätte mich so ein Ort an den Rand des Wahnsinns getrieben, heute hake ich das achselzuckend ab. Geht halt nicht anders und überhaupt: Wer gibt mir eigentlich das Recht, die zu verurteilen, die hier mittels Pauschalarrangement hingeraten sind? Dürfen hier tatsächlich nur zwei Kategorien von Traveller hin, nämlich die spartanischen Minimalisten per Autostop, Überlandbus oder gar mit Fahrrad, und die, die es sich wie wir leisten können, zu fliegen und einen Geländewagen zu mieten? Bullshit, längst freu ich mich über jeden Rentner, der seinen Arsch noch hochkriegt um seinen Möglichkeiten entsprechend die Welt zu erkunden, ehe er final in seine Kiste gerät.

Heute morgen also als erstes zum Moreno-Gletscher im „Parque Nacional los Glaciares“, leider im strömenden Regen, und danach zu den Klängen von Bruce Springsteens „Nebraska“ und „The River“-Alben hier her nach Chalten. Selten zu einer passenderen Musik irgendwo langgefahren. Eigentlich hatte ich ja vor – wie beim letzten Marokko-Trip – mit Dylan erneut chronologisch durch das Werk eines geschätzten Kollegen zu reisen, aber alleine schon das Nebraska-Coverfoto diktierte für diese Reise eine andere Reihenfolge. Vermutlich werden wir in den nächsten Tagen und Wochen bezüglich Entfernung, Kargheit, Einsamkeit und Selbstbesinnung zu seiner Musik noch so einiges erleben bzw. erfahren, was uns bislang verborgen war (die marokkanische Landschaft im und jenseits des Hohen Atlas mal ausgenommen). Haben uns jedenfalls vorgenommen, keine großartigen Reiseroutenpläne zu erstellen, sondern flexibel von Tag zu Tag zu entscheiden.

Der Perito-Moreno-Gletscher, den uns auch Severin ans Herz gelegt hatte, ist in der Tat sehenswert, ein Naturschauspiel allerersten Ranges und schon allein die Anreise hierher zum Rand der Anden, zu den Bergsteigerzielen Torre und Fitz Roy, vorbei an milchig türkisblauen Flüssen und Seen war ein unvergessliches Erlebnis. So kann’s ruhig weitergehen, das einzige, was leicht zu kurz kommt, ist das Song schreiben, aber auch was das betrifft, sollte ich mal keine Hektik aufkommen lassen.

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